Mountainbike mit Herzpumpe

„Ich laufe auf Strom“: Bramscher Rolf Kolthoff startet trotz Herzerkrankung am Alfsee

Von Sascha Knapek | 24.04.2024, Bramscher Nachrichten

Trotz Herzinsuffizienz wird Rolf Kolthoff beim 24-Stunden-Mountainbike-Rennen am Alfsee an den Start gehen. Es ist das erste Radrennen, das der Bramscher nach der Implantierung einer künstlichen Herzpumpe in Angriff nimmt.

Seit 2005 sitzt Rolf Kolthoff fest im Rennsattel. Ob Mountainbike, Trecking- oder Rennrad, der Bramscher spult tausende von Kilometern ab. Im Jahr 2016 kommt allerdings ein großer Einschnitt, der 2022 noch größer wird. Kolthoffs Herz spielt nicht mehr mit. Aber der leidenschaftliche Radsportler findet neue Wege, um seinem Hobby nachzugehen. Sogar beim 24-Stunden-Mountainbike-Rennen am Alfsee geht er 2024 wieder auf die Strecke.

Als Rolf Kolthoff im Jahr 2016 den Dreiländergiro durch Österreich, Italien und die Schweiz hinter sich bringt, merkt der Mann vom TuS Engter bereits, dass etwas nicht stimmt. Der Bramscher fühlt sich extrem schlapp, geht nach dem Radmarathon zum Arzt und wird von dort direkt ins Krankenhaus geschickt. Die Diagnose: Nur 20% Herzleistung, Kolthoff braucht einen Defibrillator. Aber wie kann man mit einer so geringen Herzleistung überhaupt einen Alpen-Radmarathon wie den Dreiländergiro zu Ende fahren? „Wenn man es nicht weiß, kann man ihn fahren“, lacht der ehemalige Abteilungsleiter des TuS Engter.

Verschleppte Grippe wahrscheinlich der Auslöser

„Den Umständen entsprechend, geht es mir gut“, sagt der 58-Jährige, dessen Herzerkrankung wahrscheinlich durch eine verschleppte Grippe entstanden ist, heute. Nach der ersten Diagnose passt sich der im positiven Sinne Radsportverrückte an die neuen Gegebenheiten an. Er fährt weiter Rad, aber unter neuen Bedingungen. „Zum Beispiel den Dreiländergiro bin ich danach noch ein paar Mal gefahren. Aber mit einem neuen Tempo, das zu meiner Erkrankung passt“, erklärt er.

Auch seine Urlaube verbringt Rolf Kolthoff gerne auf dem Fahrrad. FOTO: KOLTHOFF

Ende 2021 folgt jedoch ein weiterer Schicksalsschlag. Kolthoff fängt sich eine schwere Erkältung ein, von der er sich nicht erholt. „Ich hatte auf einmal zehn Kilo Wasser im Körper und bin direkt in die Uniklinik nach Münster“, erinnert sich der ehemalige Ausdauersportler. Dort diagnostiziert man nur noch knapp zehn Prozent Herzleistung. Im Januar 2022 wird ihm eine künstliche Herzpumpe, ein sogenanntes Linksventrikuläres Unterstützungssystem (LVAD), implantiert.

Der fitteste LVAD-Patient in Münster

Seitdem muss Rolf Kolthoff in Sachen Radsport weitere Zugeständnisse machen und sich neue Wege suchen, um seinem Lieblingssport nachzugehen. Die Ärzte in Münster überrascht er bei den regelmäßigen Check-ups mit seiner Kondition. „In Münster sagen sie, dass ich der fitteste LVAD-Patient bin, den sie haben“, freut sich der Mann, der vor seiner Erkrankung unter anderem fünfmal den Ötztaler Radmarathon bewältigt hat.

Der Hasestädter bleibt trotz der gesundheitlichen Herausforderung am Ball und steigt vor eineinhalb Jahren aufs E-Mountainbike um. „Wenn ich damit im Gehn unterwegs bin, kann ich gut mit meinen unmotorisierten Vereinskollegen mithalten“, grinst er. Ein E-Rennrad besitzt Kolthoff ebenfalls. „Aber das steht meistens im Keller.“ Die 25 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit seien für die Straße dann doch etwas zu langsam.

Starker Regen würde das Aus bedeuten

„Ich laufe auf Strom“, bringt Rolf Kolthoff seine gesundheitliche Situation auf den Punkt. Das hat auch witterungsbedingte Folgen für seine Radsportleidenschaft. Denn bei starkem Regen muss der Osnabrücker, der vor rund 30 Jahren nach Bramsche gezogen ist, sein E-Mountainbike im Trockenen lassen. Einen Controller und zwei große Akkus muss Kolthoff für sein LVAD ständig am Körper tragen. In seine Radweste hat er sich für die 3,5 Kilo schweren Geräte deshalb zusätzliche Taschen einnähen lassen. „Die Sachen dürfen natürlich nicht nass werden“, erklärt er.

In seine Radweste hat Rolf Kolthoff zusätzliche Taschen für die beiden Akkus und den Controller, die er bei sich tragen muss, einnähen lassen. FOTO: SASCHA KNAPEK

Auch deshalb wünscht sich Rolf Kolthoff für das 24-Stunden-Mountainbike-Rennen am Alfsee gutes Wetter. „Bei leichtem Regen könnte ich mit einer Regenjacke weiterfahren. Starker Regen würde mein sicheres Aus bedeuten.“

Rolf Kolthoffs erster Einzelstart am Alfsee

Aber nicht nur aus diesem Grund geht Kolthoff als Einzelstarter ins Rennen. Ein Team wäre auf ihn angewiesen, das möchte er bei seinem insgesamt fünften Alfsee-Start – die ersten vier waren im Mannschaftswettbewerb – nicht. „Im Team wäre es mir zu viel Leistungsdruck gewesen. Ich möchte diesmal für mich alleine entscheiden, wie viel und weit es geht“, unterstreicht Kolthoff.

Rolf Kolthoff beim Training auf dem Alfsee-Kurs. FOTO: KOLTHOFF

Ein Ziel hat sich der Mann vom TuS Engter für sein Alfsee-Comeback trotz allem gesteckt. „Mit zehn Runden wäre ich super zufrieden“, sagt er. Aber auch, wenn das nicht klappen sollte, geht für ihn keine Welt unter. „Ich gucke einfach mal, ob es geht und wie weit ich komme“, ordnet der E-Mountainbiker seine Ambitionen ein.

Neben der sportlichen Überwindung seines gesundheitlichen Handicaps wären die Alfsee-Runden sicher eine gute Vorbereitung auf den Sommer. Dann nimmt Rolf Kolthoff zusammen mit seiner Frau Dörte nämlich die Überquerung der Alpen in Angriff. Natürlich im Sattel seines E-Bikes.